Ein ähnliches Bild wie das nebenstehende bietet sich stets
demjenigen, der aus der Taubengasse unter vorgeschriebener Beachtung der
Vorfahrt nach links in die Berliner Straße einbiegen möchte.
Das Foto entstand an einem Samstag Vormittag, also während einer Zeit relativ geringer Verkehrdichte. Während der Stoßzeiten ist hier der Teufel los. Dann bilden sich vor der Ampel an der Dhünner Straße regelmäßig Schlangen, die bis zum Markt und weiter zurück reichen. Der aus der Taubengasse kommende Linksabbieger steht dann auf verlorenem Posten, es sei denn, er findet einen mildtätigen Gönner, der ihn großzügig vorlässt und den Groll seines Hintermanns ignoriert. |
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Wenn alle Stricke reißen, bleibt ihm als letzte
Rettung in der Not noch ein eleganter - wenn auch umständlicher - Trick: Statt nach links biegt er nach rechts in die Berliner Straße ein, fährt bis zum Markt, umrundet im Sinne eines Kreisverkehrs den emotionsbeladenen Kiosk und drängelt sich nach dem Reißverschlussprinzip in die Warteschlange vor der Ampel Dhünner Straße hinein. Zwar wird er dann noch zwei, drei Rotphasen auszusitzen haben, doch am Ende wird seine Geduld belohnt, und er ist endlich da, wo er gerne sofort gewesen wäre. |
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Jemand der in der Dhünner Straße einsam vor der roten Ampel
steht, hat während der über 40 Sekunden dauernden Rotphase hinreichend
Zeit, allerhand mürrischen Gedanken nachzuhängen. "Ohne diese blöde Ampel hätte ich längst sechsmal fahren können. Warum schaltet man die nicht einfach ab?" Während normaler Zeiten könnte man dies sicher tun, ohne dass es irgend welche Probleme gäbe. Nur während des Berufsverkehrs könnte es bisweilen schwierig werden, so dass dann eine einfache Vorfahrtsregelung nicht ausreichen könnte. Die ideale Lösung für diese Einmündung wäre nach meiner Einschätzung ein Kreisverkehr. Vielleicht würde ein solcher die Staus im Berufsverkehr nicht restlos verhindern können, aber wenigstens würden während der ruhigeren Phasen die ebenso unnötigen wie nervtötenden Wartezeiten entfallen. |
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Wer einen gewaltigen Aufwand für den Bau eines Kreisverkehrs
befürchtet, möge einmal nach Odenthal-Blecher gehen und sich anschauen,
mit welch geringen Mitteln man dort eine Ampelkreuzung in einen Kreisverkehr
umgewandelt hat. Und zwar ohne jegliche Buddelei! Vor ein paar Jahren wurde ich während eines Spaziergangs zufällig Zeuge der Umbauarbeiten und gewann den Eindruck, dass sie kaum länger als einen Tag in Anspruch genommen haben dürften. Für die Verkehrsinseln wurden einfach einige Umrandungsstücke (aus Hartgummi o. ä.) auf die Straßendecke gelegt und vermutlich mit Dübeln befestigt. Ein wenig Mutterboden in den Innenraum, ein paar Stücke Fertigrasen obendrauf gepackt, und fertig war die Überquerungshilfe. |
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Im Bild daneben sehen wir zum Vergleich eine
"professionell" gepflasterte Insel. Sieht das wirklich so viel besser aus
als das "Provisorium"? Auch die Mittelinsel des Kreisverkehrs in Blecher wurde "provisorisch" aus Betonfertigteilen errichtet und einfach auf die Straße gestellt. Dass eine anschließende gärtnerische Gestaltung auch ohne aufwändige Baumaßnahmen möglich ist, dürften die Fotos hinreichend belegen.
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Es geht natürlich auch aufwändiger, langwieriger
und teurer, wie z. B. hier an der Kreuzung Schillerstraße - Jörgensgasse. Ob
allerdings der eher geringfügige optische Vorteil den enorm viel höheren
Aufwand an Zeit und Geld rechtfertigt...?! Besonders lebhaft ist mir noch der Umbau der Kreuzung am Habenichts in einen Kreisverkehr in Erinnerung. Dieser zog sich weit über ein halbes Jahr hin und war mit erheblichen Behinderungen durch die Baustellenampeln verbunden. Die Zeit, die an diesen Baustellenampeln "abgestanden" wurde, dürfte der fertige Kreisverkehr kaum je wieder herein bringen. |
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Anstatt über eine Verbesserung der teils chaotischen, teils nervenden Zustände an
der Einmündung Dhünner Straße nachzudenken, wurde man am anderen Ende der
Berliner Straße aktiv. Und zwar an einer Stelle, wo es am wenigsten nötig
war, nämlich an der Einmündung
der Mozartstraße, deren Verkehraufkommen auch nicht im Entferntesten an das der
Dhünner Straße heranreicht. Hier hätte es vollauf genügt, die vorhandene und überflüssige* Ampel zu entfernen. Denn was für die benachbarten Einmündungen gut genug ist, hätte auch hier gereicht. *) Ein Bekannter pflegte diese Ampel immer als "Infarkt-Ampel" zu bezeichnen, weil sie ihn jedes Mal, wenn er sinnlos vor ihr stand, an den Rand eines Herzinfarktes brachte. |
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Als ich diese Stelle zum ersten Mal nach dem
"Umbau" passierte, konnte ich ein schallendes Gelächter nicht unterdrücken. Welche oberkreativen Verkehrsexperten mochten sich hier ausgetobt haben?! Möglicherweise die gleichen, die seinerzeit für die "Verzierung" der Telegrafenstraße mit Betonkübeln verantwortlich waren...? Nachdem diese Betonkübel zwecks Verminderung ihrer Hässlichkeit von Schulkindern mit den von OBI gestifteten Farben so liebevoll bemalt wurden, waren sie natürlich zu schade, nach dem Ausbau der Telegrafenstraße einfach entsorgt zu werden. Und so muss jemand die geniale Idee ihrer "Resteverwertung" zur Gestaltung eines Kreisverkehrs gehabt haben. |
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Drei der prachtvoll bepflanzten Kübel fungieren
als zentrales Hindernis, während drei weitere dazu dienen, dem an sich
geraden Straßenverlauf eine Art Kreisform aufzuprägen. Denn "Ohne Kreisform
kein Kreisverkehr!" lautet eine Wermelskirchener Devise, weshalb man ja auch
am "Bügeleisen"
eine Beschilderung als " Kreisverkehr" peinlichst vermied. So wird dem passierenden
Verkehr ein eleganter Schlenker aufgezwungen, über den sich besonders
Lastwagenfahrer freuen dürften. Üppig wie die Blüten- ist die Schilderpracht. An 15 Masten wurden insgesamt 24 Schilder angebracht, und zwar 6-mal das Schild "Fußgängerüberweg", 6-mal das Schild "Vorgeschriebene Fahrtrichtung rechts vorbei" kombiniert mit Warnbake und 3-mal die Kombination "Kreisverkehr/Vorfahrt achten". Die Kosten für diese ganze unnütze Spielerei sind für einen Außenstehenden schwer abzuschätzen, dürften sich aber auf etliche tausend Euro belaufen.
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Immerhin beschert dieses Produkt kindlichen
Spieltriebes den Fußgängern einen erfreulichen Nebeneffekt in Form dreier
Zebrastreifen. Wer allerdings dieses üppige Angebot nicht an Ort und Stelle nutzt, ist später der Gekniffene. Denn kommt etwa jemand aus der Mozartstraße und will zum Edeka-Markt, so tut er gut daran, sofort die Straße zu überqueren. Wenn dies jemand versäumt hat, weil er denkt, das hätte noch Zeit, muss er sich auf einen längeren Fußmarsch gefasst machen. Zwar besteht unter der Brücke theoretisch noch eine Möglichkeit zum Überqueren der Straße, doch das ist nur etwas für Beherzte, denn es muss ohne jegliche Überquerungshilfe geschehen. |
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Wem das zu gefährlich ist, muss einige hundert Meter weiter
wandern, bis er auf Höhe der Shell-Tankstelle in Neuenhöhe die nächste
Überquerungshilfe findet. Aber auch die ist nicht gerade für die Oma mit Gehilfe gedacht, denn hier ist die Verkehrsdichte wegen des hinzugetretenen Verkehrs der Dellmannstraße mehr als doppelt so groß wie in der Berliner Straße.
Also heißt es für den Gebrechlichen oder Vorsichtigen: noch zweihundert
Meter weiter zur nächsten Ampel und dann die ganze Strecke zurück!
Kommen wir nun zu den weniger spektakulären Einmündungen in die Berliner Straße und beginnen mit der Wirtsmühler Straße. |
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Hier
hat man jetzt endlich die längst überflüssig gewordene Ampel entfernt und
durch ein Stopp-Schild ersetzt. Einen Teil der Ampelanlage ließ man jedoch stehen, um ihn als Fußgängerbedarfsampel zu nutzen. Die Oma mit Gehhilfe, die sich im Bild rechts soeben ungesichert unter Missachtung aller Gefahren über die Wirtsmühler Straße gequält hat, wird es dankbar begrüßen, das sie anschließend die Berliner Straße unter dem Schutz dieser Ampel überqueren kann. |
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Blickrichtung Berliner Straße |
Blich aus der Wirtsmühler Straße. | |
An der Einmündung der Richard-Wagner-Straße müsste die Oma ein wenig hastiger humpeln, denn da hilft zum Überqueren der Berliner Straße weder eine Ampel noch ein Zebrastreifen, sondern nur eine simple Verkehrsinsel. Aber was will die Oma auch schon bei der Sparkasse?! Bei der Rente...! Dafür wird dem Autofahrer das Überfahren der Oma erleichtert, indem ihm kein Anhalten mehr abverlangt wird, sondern nur noch das simple Beachten der Vorfahrt. Randbemerkung: |
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Angenommen einmal den unwahrscheinlichen Fall, besagte Oma wohne im Altenheim "carpe diem" in der Adolf-Flöring-Straße. Weiter einmal den ebenso unwahrscheinlichen Fall angenommen, sie habe es bis zum Ende dieser Straße geschafft und möchte nun die Berliner Straße überqueren, um zur gegenüber liegenden Bushaltestelle zu gelangen. Außer vielleicht Gott hilft ihr da jetzt keiner mehr, denn hier gibt's weder eine Überquerungshilfe noch einen Zebrastreifen noch eine Ampel.
Randbemerkung: Vielleicht wollte man einfach nur ein wenig Abwechslung schaffen..? |
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Nichts für die gebrechliche Oma ist auch die Einmündung der Pfarrstraße, die mit der Adolf-Flöring-Straße den Einbahncharakter gemeinsam zu haben scheint. Doch während wir noch den kühn-forschen Schritt der mutigen Passantin im Bild bewundern, fällt uns auf, dass die roten Schilder mit den weißen Querbalken uns leicht in die Irre geführt haben.Sie bedeuten nämlich in diesem Falle gar nicht, dass wir uns am Ende einer Einbahnstraße befinden, sondern verbieten nur die Einfahrt. Folgerichtig steht am anderen Ende der Pfarrstraße auch kein Einbahnstraßenschild. Auf der im Bild rechten Spur steht mit überdimensionalen Lettern BUS Und auf der Berliner Straße bemüht sich das unten zu sehende Schild um Aufklärung, was jedoch nur eingeschränkt gelingt.
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Der Zusatz "Linienverkehr frei" unter dem Schild "Vorgeschriebene Fahrtrichtung geradeaus" gehört zur Sorte der absolut überflüssigen Beschilderungen, denn erstens kennt sich jeder Linienbusfahrer ohnehin aus und weiß, wie er zu fahren hat und was er darf und was nicht, und zweitens würde das Schild einem (hypothetischen!) ortsunkundigen Fahrer kaum weiterhelfen. Denn was soll dieser denken, wenn er die Beschilderung sieht? Alle müssen geradeaus fahren, nur er nicht. Er darf also auch rechts abbiegen, was aber aus physikalischen Gründen nicht geht. Bleibt nur noch das Abbiegen nach links.. Doch wenn er das versucht, steht er unvermittelt vor dem Schild "Einfahrt verboten" und darunter steht diesmal nicht "Linienverkehr frei". Was soll der arme Mann jetzt anderes tun, als erst mal stehen zu bleiben und per Handy die Zentrale um Rat zu fragen? |
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Warum übrigens verwehrt man dem niederen Autofahrer-Fußvolk, was man der Omnibus-Elite so großzügig gestattet? War es nur, weil man aus Platzgründen vielleicht keine Linksabbiegerspur hinbekam? Oder war der Grund möglicherweise ein subtilerer? Ich vermute einmal, dass man den mit Ziel Pfarrstraße die Berliner Straße Befahrenden nicht um die erquickliche Nutzung der Ampelanlage Berliner Straße / Thomas-Mann-Straße betrügen wollte. Schließlich hat die Anlage gutes Geld gekostet, und jetzt soll sie auch gefälligst benutzt werden! |
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Als Zugabe beschert man ihm vor Erreichen seines Ziels noch ein gerüttelt Maß kontemplativer Muße an der imposanten Lichtzeichenanlage, die den "Verkehrsknotenpunkt" Thomas-Mann-Straße /"Dellmann-Zubringer" regelt. Zwar ist hier in der Regel nicht viel zu regeln, weil dort selten mehr los ist als auf dem Foto. Trotzdem ist man immer wieder froh und dankbar, wenn einem in unserer hektischen Zeit eine Gelegenheit zu innerer Ruhe und Sammlung geboten wird. |
Alles in allem zeichnet sich die Berliner Straße durch eine bunte Gestaltungsvielfalt von Kreuzungen, Einmündungen und Fußgängerhilfen aus. Auf die weitere Entwicklung dieser Kreativwerkstatt dürfen wir gespannt sein!